Es muss nicht unbedingt ein Studium sein

Es muss nicht unbedingt ein Studium sein
Azubis werden gesucht: Reinhold Zühlke (links) und Johannes Bohn informieren über die Zukunftsperspektiven durch Ausbildung. (Foto: Rüdiger Koslowski)

Viele Schüler entscheiden sich nach Ende der zehnten Klasse für eine weitere Schule, brechen aber später das Studium ab. Deshalb wirbt die Anne-Frank-Schule jetzt für die Duale Ausbildung - bei Schülern und Eltern.

„Die Anne-Frank-Schule hat sich zum Ziel gesetzt, Brücken zu bauen“, erklärte Rita Neidhöfer, die Projektleiterin der Zukunftswerkstatt an der Integrierten Gesamtschule. Die Berufsorientierung beginnt deshalb an der Bildungseinrichtung bereits in der fünften Jahrgangsstufe. Außerdem bietet die Anne-Frank-Schule zahlreiche Möglichkeiten der Information, die Schule begleitet Schüler und Eltern auf dem Weg in die Berufswelt.

„Vielfältige Zukunftsperspektiven durch Ausbildung“, nannte sich am Dienstag ein Informationsabend, für die Johannes Bohn, Aus- und Weiterbildungsberater der Industrie- und Handelskammer, sowie Reinhold Zühlke, Berufsberater der Agentur für Arbeit, als Referenten bereitstanden. Etwas mehr als 20 Eltern und einige Schüler waren gekommen, von insgesamt 60 angemeldeten Personen.

Die Schule bemüht sich, die Schüler für Ausbildungsplätze zu interessieren. Im vergangenen Schuljahr gingen nach dem Abschluss der zehnten Klasse nur sieben von 70 Schüler in eine Ausbildung, also nur zehn Prozent, berichteten Schulleiterin Petra Boulannouar und Rita Neidhöfer. „Der Trend ist, so lange wie möglich auf die Schule zu gehen“, stellte Petra Boulannouar fest.

Warum sich viele Schüler für einen weiteren schulischen Weg entscheiden, werde nicht so recht deutlich, so die Erfahrung der beiden Frauen. Die jungen Leute würden sich wohl schwer tun, in die Welt der Erwachsenen einzutauchen, die mit Verbindlichkeiten und Verantwortung verbunden sei, so Petra Boulannouar. Die mitunter vorgebrachte Meinung, nur mit einem akademischen Titel lasse sich viel Geld verdienen, stimme jedenfalls nicht.

Rita Neidhöfer versicherte, dass die Duale Ausbildung, die Berufsausbildung im Betrieb und an der Berufsschule, in Deutschland eine hohe Qualität habe. Beide Frauen wissen im Übrigen, dass viele Abiturenten ihr Studium abbrechen, weil sie merken, dass der Studiengang nicht passt. „Für viele ist es besser, gleich eine Ausbildung zu beginnen“, so Rita Neidhöfer.

„In Südhessen fehlen 10000 Fachkräfte im technischen Bereich“, sagte Johannes Bohn. „Der Akademisierungswahn ist ein gesellschaftliches Problem“, stellte er fest. Es werde die Meinung vertreten, dass nur über ein Studium die Karriere und das große Geld winken. Deshalb wirbt der Berater der IHK für die Duale Ausbildung. Die Auszubildenden haben so einen Fuß im Betrieb und lernen den Betriebsalltag kennen. „Je früher sie einsteigen, desto besser“, findet Johannes Bohn. Nach der Ausbildung hätten sie immer noch die Möglichkeit, ein Studium dranzuhängen.

„Die Konkurrenz von oben ist groß“
Reinhold Zühlke wollte die Möglichkeiten aufzeigen, die Schulabgänger mit ihren Abschlüssen haben. „Die Konkurrenz von oben ist groß“, weiß der Berufsberater. Der Anteil der Abiturienten in bestimmten Berufszweigen sei hoch, Realschüler bräuchten gute Leistungen für bestimmte Ausbildungsberufe, von Hauptschülern ganz zu schweigen.

So dominieren Abiturienten beispielsweise in kaufmännischen Bereichen wie bei Speditionen und in der Logistik, im Finanz- und Versicherungsbereich oder auch im Hotelgewerbe. Der Realschulabschluss wird im Gesundheitswesen und in der Krankenpflege gewünscht und ist für den Beruf des Me- chatronikers und bei der Informationstechnik gerne gesehen. Für Hauptschüler stehen Berufszweige wie Maschinen- und Anlagenfahrer oder auch Fachverkäufer offen.

Der Sohn von Manina Eichner hat den Weg der Ausbildung gewählt. „Er geht ins Handwerk“, erzählte sie. Der Ausbildungsplatz sei so gut wie sicher. Ihre Tochter ist in der achten Jahrgangsstufe. Manina Eichner will sich über die Berufszweige informieren, weil die Tochter sich noch nicht sicher ist. Sie will ihre Tochter damit unterstützen. Auch der Sohn von Dagmar Scharpenberg-Georg will in die Ausbildung gehen. Einen Ausbildungsplatz als Sport- und Fitnesskaufmann wird er wohl erhalten. Dennoch wollte sich die Mutter auch über andere Möglichkeiten informieren.

Erschienen am 28.05.2016 im Rüsselsheimer Echo
Autor: Rüdiger Koslowski

Zurück