„Das Lernkonzept der Schule wird beschnitten“

Dies ist einer der großen Klassenräume, die für eine Übergangsphase verkleinert werden. Die Schüler haben hier Platz, sich auszubreiten, sagt Lehrer Mohammed Ghazi (rechts). (Foto: Rüdiger Koslowski)
Dies ist einer der großen Klassenräume, die für eine Übergangsphase verkleinert werden. Die Schüler haben hier Platz, sich auszubreiten, sagt Lehrer Mohammed Ghazi (rechts). (Foto: Rüdiger Koslowski)

Beim Tag der offenen Tür an der AFS veranschaulichen Lehrer, welche Folgen die Übergangsphase haben wird.

Der Kreistag entscheidet heute über den Standort der neuen Grundschule und die Übergangsphase. Beim Tag der offenen Tür an der Anne- Frank-Schule war es möglich, sich die Räume anzuschauen, die während der Übergangsphase verkleinert werden sollen.

Wollen die Schüler und ihre Lehrerin mit ihrem Getrommel etwa den Kreis als Schulträger in die Flucht schlagen? Nein. Die Djembe-Gruppe klingt nämlich ziemlich gut. Die Gruppe mit den Trommeln von Jane Zwinscher hat für den Tag der offenen Tür an der Anne- Frank-Schule extra Stücke einstudiert. Das Trommeln soll das Rhythmusgefühl schulen, die Motorik fördern und den Kindern andere Kulturen näherbringen.

Dennoch: Der Kreis, besser der von ihm gewünschte Standort für eine neue Grundschule und die benötigte Übergangszeit ist beim Tag der offenen Tür der Integrierten Gesamtschule Gesprächsthema. Am heutigen Montag will der Kreistag über beides entscheiden. Die Verwaltung favorisiert den Zugangsbereich zum Schulgelände und will für eine dreijährige Übergangszeit einen Trakt für neue Grundschüler in Anspruch nehmen. Dafür müssen Klassen in einen anderen Trakt verlegt werden und auch große Klassenräume sollen verkleinert werden, um mehr Platz zu schaffen.

Rechtliche Schritte
„Wir wollen am Montag in den Kreistag“, kündigt Schulelternsprecherin Sandra Heuer an. Zu ihrem Bedauern wird es allerdings nur eine kleine Gruppe sein. Die Eltern wollen ihrem Anliegen durch ihre Anwesenheit Ausdruck verleihen und hoffen auf ein Rederecht. Sie sprechen sich gegen den von der Kreisverwaltung favorisierten Standort aus und wollen nicht, dass die Gesamtschule für eine Übergangszeit Räume abgeben muss. Schulelternbeiratsmitglied Sascha Blum wolle bei einem Entscheid des Kreistages gegen den Willen der Eltern sogar juristischen Rat einholen.

Dass der Kreis nur über einen begrenzten Zeitraum Räume für Grundschüler benötigt, interessiert die Eltern nicht. Denn die dann eingeschränkten Lernmöglichkeiten würden mehrere Jahrgänge über drei Jahre betreffen, meinte Elternvertreterin Ilka Swirschuk. Die Räume würden verkleinert werden, ohne zu berücksichtigen, dass der Lärm in den Klassen ansteige. „Es geht darum, dass das Lernkonzept der Schule beschnitten wird“, konstatiert Heuer.

Platz wird benötigt
Im Raum 139 zeigt Lehrer Mohammed Ghazi das Problem auf. Es ist einer der Räume, die von 120 auf 90 Quadratmeter verkleinert werden sollen. In dem großen Raum präsentiert er den sogenannten Lerntag. Die Schüler dürfen sich nach ihrem eigenen Schwerpunkt Arbeitsblätter nehmen, sich in dem Klassenraum einen Arbeitsplatz suchen und die Aufgaben lösen. Die Möglichkeit, dass sich die Schüler großflächig im Raum verteilen können, sorge für Ruhe. Es seien spontane Sitzkreise möglich, die Arbeitsmaterialien könnten ausgebreitet werden, beschreibt der Lehrer die Vorteile.

Wie beurteilen die Schüler die Situation? „Ich finde das nicht gut, dass der Klassenraum verkleinert wird“, sagt Doga aus der Klasse 5.2. Der Platz werde für die Aufgaben und Spiele benötigt. „Wir brauchen den Platz für den Lerntag“, stimmt ihre Klassenkameradin Anisah zu.

Schulleiterin Petra Boulannouar bleibt nur, die Entscheidung des Kreistages abzuwarten. „Wir müssen sehen, ob unsere Argumente gehört wurden“, sagt sie. Und wie wird sie bei einer für die Schule negativen Entscheidung reagieren? Sie könne nur stillhalten. Sie sei als Schulleiterin die Verwalterin der Räume des Schulträgers. In zwei Jahren gehe sie in Pension. Sie wolle die Schule jedoch ungern mit verschlechterten Arbeitsbedingungen an einen Nachfolger übergeben.

Apropos Ruhe im Unterricht. Während der Projekttage boten die beiden Lehrerinnen Mareike Enge und Nina Anthes Yoga an. Auch die Schulsozialarbeit hat inzwischen Yoga im Programm. „Die Schüler können mit Yoga entschleunigen“, informiert Enge. Sie sollen zur Ruhe finden und ihren Körper kennenlernen, erklärt Anthes. Antonia aus der Klasse 8.2 findet die Übungen angenehm. „Das ist entspannend“, stellt die Schülerin fest.

Erschienen am 09.12.2019 im Rüsselsheimer Echo
Autor: Rüdiger Koslowski

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