Erzählcafé

Eine Initiative zum Internationalen Mädchentag an der Anne-Frank-Schule Raunheim

Sechs Frauen aus Raunheim und dem Kreis Groß-Gerau besetzten am 18. Oktober 2022 anlässlich des Internationalen Mädchentages einen der sechs Erzähltische im Erzählcafé, zu dem die Aula für zwei Stunden erklärt worden war und zu dem die Schulsozialarbeit der AFS eingeladen hatte.

Ihre Themen waren so vielfältig wie ihre kulturellen Wurzeln und Religionszugehörigkeiten. Gemeinsam war ihnen das Ziel, den Mädchen auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden Mut zu geben, sich Ziele zu setzen und diese trotz mancher Rückschläge oder Hindernisse im Auge zu behalten. Dabei betonte Frau El Azaar die Wichtigkeit von Bildung und Sprache. Obwohl sie Mutter von sechs Kindern ist, die inzwischen teilweise erwachsen sind, bemühte sie sich trotz Kinder den Kontakt zur Arbeitswelt nie zu verlieren. Der Verzicht auf Bildung, weil sie als Frau und Mutter sowieso in der Küche landen würde, kam für sie nie in Frage. So hat sie es inzwischen zu einer verantwortungsvollen Position geschafft und leitet heute die „Sozialen Hilfsdienste“ in Raunheim.

Bildung spielte auch in der Geschichte von Frau Ashraf eine zentrale Rolle. In einem Bremer Stadtteil aufgewachsen, wollte sie beweisen, dass sie aus ihrem Leben etwas machen kann. Um diesen „Traum“ Wirklichkeit werden zu lassen, arbeitete sie hart. Sie berichtete von einem Nachhilfemodell ihrer Schule, in dem sie als Schülerin einer höheren Klasse Nachhilfe von Studenten erhielt und dafür Nachhilfe für einen Schüler aus der 5. Klasse erteilte. Dank dieser Hilfe und ihrer Zielstrebigkeit erreichte sie ihren Traum und studierte Betriebswirtschaft. Sie engagiert sich zudem in einer Frauengruppe der Lajna Imaillah.

Wie schwierig es ist als Einwanderin in Deutschland ohne Sprachkurs und Berufserfahrung mit Mann und Kindern anzukommen, davon berichtete Frau Kisielewska. In der deutschen Sprache erfährt sie viel Unterstützung durch ihre beiden Töchter. Sie haben alle zusammen in der Familie gelernt, wie wichtig es ist sich im Privaten gegenseitig zu stärken. Frau Kisielewska ist dabei das Zentrum der Familie, die hart arbeitet und dennoch für alle da ist.

Die Schülerin Alexandra aus einer 7. Klasse, im letzten Jahr noch Schülerin einer Sprach-Intensivklasse, übersetzte für Frau Kryshtafovych, die in diesem Jahr aus der Ukraine in die Gemeinde Raunheim gekommen ist und viele der 500 geflüchteten Ukrainer*innen ehrenamtlich bei Ämtergängen und anderem unterstützt. An ihrem Tisch trafen sich u.a. viele ukrainische Schülerinnen. Frau Kryshtafovych bemerkte im Nachhinein, dass es für manche Gäste ihres Erzähltisches schwer ist über ihre Situation zu erzählen. Es sei alles verbunden mit viel Traurigkeit.

Wie wichtig es ist, Freundinnen zu unterstützen, die von Gewalt in ihrer Familie berichten oder bei denen man den Verdacht hat, dass die Auseinandersetzungen über Streitigkeiten hinausgehen, Frauen und Kinder aber wie erstarrt das familiäre „Geheimnisse“ wahren, davon berichtete Frau von Schumann, Rechtsanwältin u.a. für Familienrecht, Ausländer- und Asylrecht. Sie arbeitet eng mit der Beratungsstelle „Frauen helfen Frauen“, die Anlaufstellen in Groß-Gerau und Rüsselsheim hat, dem Kinderschutzbund, dem Jugendamt u.a. zusammen. Geplant war eigentlich ein weiterer Tisch mit einer Mitarbeiterin der Beratungsstelle „Frauen helfen Frauen“, der zu dem Erzähltisch von Frau von Schumann sehr gut gepasst hätte. Leider blieb dieser Tisch aus Krankheitsgründen unbesetzt. Frau von Schumann stellte in ihrer Erzählung das Angebot der Beratungsstelle kurz vor.

Frau Weiser ist 23 Jahre alt, war ehemalige Schülerin und Streitschlichterin in der Anne-Frank-Schule, spielt seit 14 Jahren aktiv Fußball und wechselte in die SV 07 Frauenfußballmannschaft in Nauheim. In Raunheim trainiert sie eine Mädchenfußballgruppe. Viele Mädchen sammelten sich an ihrem Erzähltisch und hörten der sowohl ruhigen als auch begeisterten Erzählerin zu, wie sie ihr Ziel, den Fußball, verfolgt und dort auch beruflich einsteigen will.

Bei Getränken und Gebäck ließ es sich für die Schülerinnen gut zuhören, Fragen einbringen und Vergleiche zu ihrem Leben anstellen. Fast alle Schülerinnen aus den Jahrgängen 8, 10, der PuSch-Klasse und beiden Sprach-Intensivklassen, insgesamt 90 Schülerinnen, interessierten sich für das Erzählcafé und nahmen an dem zweistündigen Angebot teil. Für manche verging die Zeit zu schnell und gerne hätten sie noch an mehr als 2-3 Erzähltischen gesessen. Aus den Geschichten der Frauen zogen sie vielfältige Informationen und manche wünschten sich eine weitergehende Beratung zu manchen Themen.

Für die Schülerinnen als auch für die Erzählerinnen war es eine neue Erfahrung generationsübergreifend ins Gespräch zu kommen, unterschiedliche Perspektiven und Lebensläufe kennenzulernen und sich über die Wichtigkeit von Hilfsangeboten in gemütlichem Rahmen auszutauschen.

Zurück